„Patty Hearst“ lautet die Überschrift zum Eingangskapitel von Sven Regeners aktuellem Bestseller Der kleine Bruder. Als der Protagonist den Namen auf der langen Autotour von Bremen nach Berlin irgendwann einmal erwähnt, assistiert sein Beifahrer Wolli: „Symbionese Liberation Army. Keine Ahnung, was die eigentlich wirklich wollten, da hat nun echt keiner durchgeblickt.“
Patty Hearst selber wohl auch nicht. Heute vor 35 Jahren wurde die Tochter eines der reichsten US-Verleger aus ihrer eigenen Wohnung heraus verschleppt. Das Lösegeld von sieben Millionen Dollar weigerten sich die selbsternannten Anwälte von Amerikas Benachteiligten jedoch in Empfang zu nehmen. Von dem Betrag sollten vielmehr Lebens mittel gekauft und in den Armenvierteln von San Francisco verteilt werden. So verkündete es jedenfalls die Entführte höchstpersönlich – über die von ihrem Vater kontrollierten Medien. Patty nannte sich von nun ab Tania und mischte bei den Aktionen der radikalen Gruppe kräftig mit. Ein Videoüberwachungsfilm zeigt sie mit Maschinenpistole im Anschlag bei einem Banküberfall. Doch das moderne Märchen ging rasch zu Ende: Die meisten Mitglieder der Symbionese Liberation Army starben bei Feuergefechten mit der Polizei, an denen bis zu 500 Beamte beteiligt waren. Das Entführungsopfer überlebte.
Nach ihrer Verhaftung wurde Patty Hearst von einem Gericht in San Francisco zu 35 Jahren Haft wegen aktiver Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung – auf deren Konto der Tod mehrere Polizisten ging – verurteilt. War die Verlegertochter, wie sie später angab, wirklich das Opfer einer Gehirnwäsche geworden? Und hatte sie erst an jenem Überfall teilgenommen, nachdem sie unter Drogen gesetzt worden war? Das glaubte ihr nach einiger Zeit ein Richter und setzte das Strafmaß auf sieben Jahre herab. Noch mehr von ihrer Unschuld überzeugt war Präsident Carter, der sie begnadigte. Vollständig rehabilitiert wurde Patty Hearst im Jahr 2001 durch Präsident Clinton. Von ihrer Haft hatte sie ohnehin nur 21 Monate verbüßt.
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