Montag, 4. August 2008

Eine Reform von Denkbürokraten

Am 01.08 vor zehn Jahren wurde die neue Rechtschreibung eingeführt. Zur Erinnerung die wichtigsten Änderungen: Die Schreibweise eines Wortes hängt vom Wortstamm ab (statt Quentchen heißt es jetzt Quäntchen, von Quantum); auf einen kurzen Vokal folgt ss statt ß; drei gleiche Konsonanten wie in Schifffahrt sind erlaubt; im Infinitiv stehende Verben werden auseinander geschrieben.

Die Rechtschreibreform stößt, gelinde gesagt, auf heftigen Widerstand. Auch vier Jahre nach ihrer Einführung verweigert sich einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach zufolge jeder zweite Deutsche den neuen Regeln, und nur jeder vierte hat diese inzwischen eingeübt. Noch im Jahr 2004 sprechen sich 49 Prozent der Deutschen dafür aus, offiziell zur alten Rechtschreibung zurückzukehren.

Das hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung längst getan: Im Sommer 2002 kehrt die FAZ zur alten Schreibweise zurück. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel, die Tageszeitung Die Welt und die Wochenzeitung Rheinischer Merkur ziehen 2004 nach. Daraufhin lenkt der Rat für deutsche Rechtschreibung ein und nimmt seine Reformen – vor allem die reformierte Groß- und Klein- sowie Zusammen- und Getrenntschreibungen – teilweise wieder zurück.

Das Chaos ist komplett, und es bewahrheitet sich, was der Ex-Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert schon im Jahr 2000 vorhergesagt hat: „Die Art und Weise, wie Denkbürokraten die Rechtschreibung fern von jeglichem Sprachempfinden verändert haben, hat die Deutschen im Ausland blamiert. Doch jetzt die Veränderungen wieder rückgängig zu machen, wäre noch unsinniger. Dennoch hat die Aktion der FAZ etwas Gutes: Von nun an wird jeder schreiben können, wie er will.“ Genau das macht der Autor dieses Blogs, der in erster Linie leserfreundliche Texte schreiben will.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo, unbekannterweise. ;)
Bin hier mal so hergeraten.

Man muss einfach mal erwähnen, dass das Hauptanliegen der Schlechtschreibverform nich, wie vielfach angenommen wird, war, die Sprache so lange den nachlässigeren Alltagserscheinungen und den unreflektierter gewordenen Sprach- und Schreibpraktiken angepasst wird, bis keiner mehr falsch schreiben KANN ;-). Sondern Sinn und Zweck der Übung war, die Sprachregeln LOGISCHER zu machen. Und damit nachvollziehbarer, einfacher. Einfacher also eben nicht im Sinne von "Jeder macht, wie er denkt, is doch egal, lasst uns grunzen" - das erschwert ja Verständigung auch, statt sie zu vereinfachen -, sondern im Sinne von naheliegender, sinvoller und erklärbarer.

Genau das ist aber gescheitert!

Manche der neuen (inzwischen alten neuen, weil ZU RECHT teils wieder zurückgenommenen) Regeln waren so widersinnig, bar jeder Logik und jedes deutschen Sprachrhythmus', dass sie nich das Grübeln überflüssig machten, sondern nur neues Grübeln hervorriefen.
Da wurden Ausnahmen von Regeln abgeschafft, um neue Ausnahmen von Regeln zu erschaffen. Da wurden Wörter willkürlich voneinander getrennt, die nur zusammen Sinn und passende Betonung ergaben. Da wurden "Wortstämme" willkürlich ausgerufen, bei denen so mancher Ethymologe stutzte, kam das Wort doch ganz woanders her oder genauso gut vom Wortstamm des Substantives wie des Verbs - keine Begründung für ä oder e also. Da wurden Merksätze in die eine Richtung genau in die andere Richtung verkehrt: Sollte man sich auch ins Hirn hämmern, waren nur unlogischer als vorher.

Einiges der Reform war sicher sinnvoll, Anderes nicht.

-> Was wäre nach dieser Erkenntnis sinnvoller und mehr ein Eingehen auf Gesellschaft und die MENSCHEN, als fair zuzugeben: "Ok, wir müssen das nochmal überdenken und überarbeiten, ihr habt recht"?

Bietet sich ja auch an, das so schnell wie möglich zu machen und nicht erst dann, wenn die neue Variante schon jahrzehntelang überall etabliert ist.

Ich würd also der "Denkbürokratie" keinen Vorwurf daraus machen, dass sie binnen kurzer Zeit Details wieder verwirft und manche Fragen offenlässt.

Außerdem möcht' ich mal 'n Duden sehen, der ohne Bürokratie, aber verbindlich zustandegekommen ist. Wie soll das laufen? ;-)

Grüne Grüße,
Efeu (liebt Sprache)